Im Land jenseits der Jade – Butjadingen
Montag | Anreise
Corona war schuld daran, dass die Seniorenreise im vorigen Jahr abgesagt werden musste, doch in diesem Jahr waren die Voraussetzungen um einiges besser. Alle unsere Reiseteilnehmerinnen und ‑teilnehmer sind inzwischen gegen Covid 19 geimpft, mussten das sicherheitshalber auch nachweisen und waren voller Vorfreude. Unbsere liebe Freundin Jutta Minuth hat darüber einen Bericht geschrieben:
Dass der erste Tag kühl, grau und wolkenverhangen begann, schien niemanden zu stören, schließlich sagten diverse Smartphones für die nächsten zwei Tage Sonne voraus.
Und tatsächlich: Worpswede, die erste Station unserer Anreise, lag im hellen Sonnenschein, als wir gegen Mittag dort ankamen. Einige kannten den Ort bereits, andere hatten schon immer einmal hierher fahren wollen, und nun gingen wir in zwei Gruppen mit je einem „Moorbauern“ durch Worpswede, sahen uns Gebäude und Kunstwerke an und hörten dazu die amüsant ausgeschmückten Geschichten.
Dann fuhren wir weiter und erreichten am Nachmittag Burhave, das liegt ebenso wie unser endgültiges Ziel auf der Halbinsel Butjadingen (Betonung liegt auf der zweiten Silbe). Die Sonne schien noch immer warm, weshalb wir zunächst mit einem Eis in der Hand am Deich entlangspazierten und etwas später in die Butjenter Kleinbahn stiegen, die mit uns durch Salzwiesen und Deichanlagen rumpelte.
Als wir kurz darauf wieder im Bus saßen und nun zu unserem Hotel nach Abbehausen fuhren, wussten wir die bequemen weichen Sitzplätze doch sehr zu schätzen.
Dienstag | Bremerhaven
Die Sonne schien, ganz so wie es die Smartphone-Wetterprognosen versprochen hatten. Beste Voraussetzungen für unsere heutige Tour nach Bremerhaven.
Zwei Touristenführer begleiteten unsere beiden Gruppen durch den historischen Bereich des Fischereihafens und erzählten von seiner über hundertjährigen Geschichte, der Entstehung und Entwicklung. Und sie schilderten auch die harten Arbeitsbedingungen in jenen Zeiten auf den Schiffen und im Hafen.
Wenig später kam nochmals ein Touristenführer zu uns, mit dem wir im Bus durch die große Hafenanlage fuhren. Bei dieser Tour ging es weniger um Geschichtliches, sondern um die Gegenwart. Und wir hörten, dass die Arbeitsbedingungen heute zwar andere seien, aber nicht weniger fordernd. Wir sahen die »Polarstern«, jenes Forschungsschiff, das sich in der Arktis hatte festfrieren lassen, sahen ein großes Kreuzfahrtschiff, von denen mehrere während des Lockdowns dort gelegen hatten, und riesige Schiffe, in denen Tausende Autos und alles, was sonst noch Räder hat, nach Übersee transportiert werden. Doch das seien keine Schiffe, sondern schwimmende Parkhäuser, war jedenfalls die Meinung des Touristenführers.
Nach diesen beiden Führungen (und einer kleinen Pause) nutzte eine kleinere Gruppe unserer Senioren – ausschließlich Herren – die Gelegenheit, ein altes U-Boot aus dem Zweiten Weltkrieg zu besichtigen. Und das nicht nur von außen, sondern sie zwängten sich auch durch die engen Gänge und Schächte und erfüllten sich damit wohl einen Jugendtraum.
Alle Übrigen zogen es vor, mit einem Fahrstuhl auf die über achtzig Meter hohe Aussichtsplattform des Atlantic-Hotels zu fahren und von dort oben die Aussicht auf Bremerhaven zu genießen.
Mittwoch | Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer
Der Tag begann wieder mit Sonnenschein und weißen Wolken, als wir um 9.30 Uhr, unserer nun schon gewohnten Zeit, in den Bus stiegen, um die nächsten Stunden im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer zu verbringen. Wir fuhren Richtung Langwarder Groden (Groden = mit Gras bewachsenes Deichvorland), waren dort mit zwei jungen Rangerinnen zu einer kleinen Wanderung verabredet. Die Wolken waren inzwischen dunkler, und der Wind war stärker geworden, so dass wir auf unserem Rundgang über das Watt ordentlich durchgepustet wurden. Trotzdem empfanden wir diese Stunde als ein kurzweiliges Naturkunde-Erlebnis. Die Rangerin beschrieb uns die Renaturierung der Salzwiesen, verwies auf die besonderen Pflanzen, die zweimal am Tag von Meerwasser überschwemmt werden und nur hier wachsen. Dass auch unzählige Insektenarten ebenso nur hier leben, gehört auch zu diesen Besonderheiten. Unvermittelt griff sie ins Watt und hatte gleich etliche Krabbeltierchen auf der Hand. Ja, sagte sie nicht ohne Stolz, auf einem Quadratmeter Watt würden ja auch mehr Tiere leben als auf einem Quadratmeter Regenwald. Der anschließende Besuch im Nationalpark-Haus Museum stellte das Thema Langwarder Groden mit den Salzwiesen nochmals in der Theorie dar.
Was jetzt noch fehlte, war die Fahrt mit einem Ausflugsschiff. Der Blick zum Himmel verhieß allerdings keinen Sonnenschein mehr, und leichter Sprühregen war spürbar. Unser Schiff, die »Wega II«, aber wartete schon auf uns, und mit einem Platz unter Deck waren wir dann auch recht zufrieden. Wir fuhren Richtung Nordsee und sahen den unruhigen Wellen zu, während sich die Fischernetze langsam ins Wasser senkten. Die gefangenen Fische, Krebse und sonstigen Meerestiere wurden später an Deck gezeigt und erklärt.
Donnerstag | Wilhelmshaven
9.30 Uhr am Bus: Sonne! Und Wind. Unsere nächste Schiffstour startete von Wilhelmshaven aus. Wir wollten Seehunde auf den Sandbänken sehen, was ganz sicher ein besonderes Erlebnis werden würde. Ein ganz anderes Erlebnis sorgte aber zuvor für Aufregung: Der Bus hielt kurz vor der Schiffsanlegestelle, Veronika stieg aus, um die Karten für die Seehunde-Besichtigungsfahrt zu kaufen, und nach und nach stiegen auch alle anderen aus. Dann kam Veronika schnellen Schritts wieder zurück: „Alle wieder in den Bus einsteigen! Das Schiff fährt heute von der anderen Seite!“ So schnell es möglich war, denn die Zeit bis zur Abfahrt wurde jetzt knapp, stiegen alle wieder ein, und der Bus fuhr los, bis Jürgen, der noch schnell seine Schäfchen durchzählte, ihn mit einem lauten „stopp!“ wieder anhalten ließ. Fünf seiner Schäfchen fehlten, waren nirgends zu sehen und auch erst nach mehreren Versuchen via Handy dort erreichbar, wo man bekanntlich gern allein ist. Das Schiff erreichten wir danach doch noch pünktlich. Nur die Seehunde, die haben wir nicht gesehen. Die hatten sich womöglich heute eine andere Sandbank ausgesucht.
Zu Wilhelmshaven gehört natürlich der JadeWeserPort, der oft Thema in den Nachrichten ist und den wir auch gern besichtigen wollten. Ein Touristenlotse stieg wieder zu uns in den Bus, wies unserem Busfahrer leise den Weg über das weitläufige Gelände und erklärte uns, was wir sahen und dass fotografieren hier verboten sei. So erkundeten wir Deutschlands größten Tiefwasserhafen. Während des Vortrags hörten wir wieder viele Zahlen über viel Technik, und dass hier 1500 Arbeitsplätze entstanden seien. Zu sehen war davon wenig, und es schien auch nicht gerade Rushhour zu sein. Unser Lotse dagegen war ganz begeistert von der Entwicklung des Hafens, die nur vorübergehend von Corona ausgebremst worden sei.
Bevor wir zum Hotel zurückfuhren, war noch ein Bummel durch Hooksiel eingeplant. Einige sahen sich hier den kleinen Hafen an mit den unter Denkmalschutz stehenden Packhäusern, andere schlenderten durch die Fußgängerzone, und wieder andere konnten an dem einen oder anderen Café nicht vorbeigehen, der Kuchen war einfach zu verlockend.
Später im Hotel saßen wir wie an jedem Abend wieder zusammen, tranken ein Gläschen und hatten wie immer viel zu erzählen. Der größere Teil unserer Senioren-Gemeinschaft hatte seinen Spaß auf der Kegelbahn, andere hatten sich zum Triominos-Spiel an der Bar zusammengefunden. Es war der letzte Abend unserer Seniorenreise 2021.
Freitag | Rückfahrt
16 Grad zeigte das Thermometer, als wir um 9.30 Uhr im Bus saßen und unsere Heimreise begann. Der Himmel war grau, und es regnete, wenn auch mit einigen Unterbrechungen.
Wie wir es seit vielen Jahren gewohnt sind, führte unsere Fahrt nach Haus natürlich nicht auf direktem Weg nach Lehrte, sondern hielt wieder einige Überraschungen für uns bereit. Dieses Mal in Varel. Dort gibt es einen Skulpturengarten mit Ausstellungsstücken, die alle aus Schrott zusammengeschweißt sind. Als der Bus vor dem Eingang stoppte, war ein leises Murren zu hören. Manch einer wäre wohl lieber im warmen Bus geblieben, als hinaus in den Nieselregen zu gehen. Letztlich kamen aber doch alle mit und – waren begeistert. Aus einiger Entfernung waren überhaupt keine Schrottteile wahrzunehmen, sondern die Skulpturen strahlten eine Lebendigkeit aus, die wir jedesmal wieder aufs Neue bewunderten. Heimlicher Star der Ausstellung war ein kleines Äffchen mitten auf der Wiese, zusammengeschweißt aus einigen Blech- und sonstigen Schrottteilen, Bürsten und unzähligen Drähten. Mehr als einmal war da „oh, wie süß …“ zu hören. Den Künstler Diedel Klöver, der viele Fragen beantworten musste, wird’s sicherlich gefreut haben.
Dann brachte uns der Bus in die Ortsmitte von Varel, und jeder konnte, wie er mochte, spazieren gehen, vielleicht noch etwas kaufen oder einige Sehenswürdigkeiten anschauen. Wir gingen in kleinen Grüppchen oder auch allein durch die Straßen, fanden es kurzweilig, auch wenn wir hin und wieder unsere Regenschirme aufspannen mussten. Ganz beeindruckend war die Schlosskirche mit ihrem zehn Meter hohen Schnitzaltar.
Auf die Freunde der Kuriositäten wartete jetzt noch eine letzte Besonderheit: Das »Spijöök«, ein Museum der Seemannslegenden, vorgetragen von einem waschechten Seemann. Am Hafen nutzten wir danach noch einmal die Gelegenheit, knusprige Brötchen mit frischem Fisch oder Krabben zu essen, was doch ein würdiger Abschied von Butjadingen ist.
Danke
Es war wieder eine amüsante, kurzweilige und gesellige Woche, die Veronika für uns ausgearbeitet und organisiert hatte. Die Stunden, die sie am PC und am Telefon damit verbracht hat, lassen sich sicherlich gar nicht zählen. Unterstützt hat sie ihr Senioren-Orga-Team, Jürgen und Horst. Danke sagen wir auch Victor, unserem Busfahrer, der uns wieder unermüdlich mit heißem Kaffee versorgte und uns mehr als 800 Kilometer geduldig und sicher über Landstraßen und Autobahnen gefahren hat.
Jutta Minuth